Mitarbeitersuche

Eine hervorragende Wintersaison endete im März 2020 mit einem Paukenschlag: Lockdown!

Staatlich angeordneter wirtschaftlicher Stillstand. Drei Monate später beginnt die Phase des Re-Start. Mitarbeiter der HR-Abteilungen waren und sind besonders von den Auswirkungen der letzten Wochen betroffen. Und auch was die Zukunft betrifft, gibt es zahlreiche offene Fragen. Wo HR heute aus Sicht einer HR-Insiderin steht, erfahren Sie im folgenden Interview!

Corona, Kurzarbeit, Lockdown

Mitarbeitermanagement im Tourismus 2020

Jacqueline Ronacher ist Leiterin Human Ressource bei der Unternehmensgruppe Alpin Family. Die Gruppe bietet über 300 Luxus-Unterkünfte in beliebten Orten wie Kaprun, Zell am See, Saalbach und Leogang. Im Gespräch mit Silvia Wunder von Lohninger & Wunder spricht die Personalleiterin über Recruiting, Digitalisierung, Mitarbeiterbindung, der neuen Candidate Journey, Kurzarbeit und Corona

Frau Ronacher, Sie sind seit August 2017 Leiterin Human Ressource der Unternehmensgruppe Alpin Family. Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterbeschäftigt Ihr Unternehmen. Was genau sind Ihre Aufgaben?

Wir beschäftigen bis zu 120 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aufgeteilt auf acht Standorten im Pinzgau. Zu meinen Aufgaben als Human Resource Leitung zählen die administrative Mitarbeiterverwaltung und die Mitarbeiterbudgets, das komplette Recruiting, die Unterstützung unserer Ressortleitungen bei der Erstellung von Dienstplänen, arbeitsrechtlichen Fragen und Mitarbeiterplanung, die komplette Zeiterfassung und die Vorbereitung der Lohnverrechnung für den Steuerberater, Ausstellung und Auflösung von Dienstverträgen, Dienstzeugnisse, Mitarbeiterkleidung, Formulare die Mitarbeiter benötigen. Und noch einiges mehr

Jacqueline Ronacher im Gespräch mit Silvia Wunder

Das ist eine ganze Menge zu tun!

Wachstum ist ein Erfolgsbaustein von Alpin Family. Wie wird sich das Unternehmen 2020/21 weiterentwickeln und welche Bedeutung hat Recruiting dabei?

Das Unternehmen wird sich zum Glück weiter entwickeln!

Wir haben dieses Jahr ein großes Projekt – Ende 2020 werden wir unser zukünftiges Flaggschiff das Glemm by AvenidA in Hinterglemm eröffnen. Ein weiteres Projekt für den Sommer 2021 ist bereits in Zell am See fixiert. Das Haus Nikolaus by AvenidA öffnen wir im Sommer 2021. Langfristig sind weitere Projekte in Österreich geplant. Die Weiterentwicklung ist also in jedem Fall da. Die Ausweitung unseres Areals wird für das Recruiting eine spannende und herausfordernde Zeit, die neue Hürden und Prozesse mit sich bringen wird.

Natürlich jetzt mit der Krise, da sehe ich auch Vorteile, da viele Fachkräfte zur Verfügung stehen. Das ist jetzt für das Glemm by AvenidA aktuell gut. Man muss natürlich dann schauen inwieweit können wir diese Fachkräfte auch halten, inwieweit sind wir mit unseren Arbeitsplätzen und als Saisonbetrieb interessant.

Die Eröffnung für das Nikolaus by AvenidA ist im Sommer 2021 angesetzt. Ziel ist es mit dem Recruitingprozess im Winter zu starten, dies kann herausfordernd sein da sich Großteil der potenziellen Mitarbeiter noch in Anstellung befinden.

Für unsere weiteren Wachstumspläne müssen wir dann früh genug schauen, wie man sich aufstellt. Holen wir uns Partner vor Ort? Was brauchen wir an Personal genau?

Mit wie vielen Mitarbeitern startet Glemm by AvenidA?

Für das Glemm by AvenidA planen wir zweiunddreißig Mitarbeiter. Starten werden wir mit der Hälfte für die Vorarbeiten, die anderen kommen dann für den Feinschliff dazu und bei der Eröffnung müssen alle vor Ort sein.

„Einfachere Recruitingprozesse, Beschleunigung und jede Menge Zeitersparnis.“

Im vergangenen Jahr haben Sie sich entschieden das Recruiting zu digitalisieren. Welche positiven Auswirkungen haben Sie sich dadurch erwartet?

Genau! Die Digitalisierung war ein ganz wichtiger Schritt aufgrund des Wachstums der Firma.

Aktuell ist unsere Firma noch zentralisiert auf den Pinzgau, aber auch trotz der nicht all zu langen Wege war die Digitalisierung notwendig und kam zum richtigen Zeitpunkt.

Die positiven Auswirkungen sind einfachere Recruitingprozesse, Beschleunigung und jede Menge Zeitersparnis. Und wir verlieren auch keine Kontakte mehr. Früher war das sehr mühsam. Wir hatten halt immer Emails und dann ist vielleicht irgendwo etwas verloren gegangen. Zum Teil war auch nicht alles zu 100 Prozent datenschutzkonform. Jetzt haben wir alles auf einer Plattform, jeder Ressortleiter oder Standort-Teamleiter hat seinen Zugang, ist in den Prozess eingebunden, kann genauso direkt mit Bewerbern kommunizieren beziehungsweise alles mitverfolgen.

Insgesamt ist alles um einiges einfacher, der Kommunikationsaufwand ist mit Hilfe der Plattformgeringer und der Bewerbungsprozess schneller.

Also die interne Prozesse sind einfacher geworden?

Ja, und die Zeit. Früherhaben wir viel mehr Zeit benötigt, etwa für die Stellenschaltungen. Und Zeit ist eben Geld

Neben der Umstellung des Recruitingprozesses von analog auf digital, welche Aktivitäten haben Sie noch gesetzt, um Mitarbeiter für Ihr Unternehmen zu begeistern?

Es gibt jetzt das Alpin Family Bewerberportal, das wir in dem Zug gemacht haben und auf der Website haben wir insgesamt umgestaltet um für Bewerber attraktiver zu sein.

Ihr habt also die Candidate Journey unter die Lupe genommen?

Ja, wir haben parallel einen internen Organisationsentwicklungsprozess gestartet, den wir bis Jahresende umsetzen wollen. Und wir binden die Ressortleiter bzw. Standortleiter noch mehr in das Recruiting ein. So läuft nur mehr der Erstkontakt zum Bewerber mit mir, bei den Interviews selbst muss der Leiter vor Ort mit dabei sein. Denn schließlich sind sie die Ansprechpartner und Führungskräfte vor Ort. Mir ist auch wichtig, dass der Ressortleiter dann auch die Einstellungsentscheidung trifft.

Seit Jahresbeginn nutzen Sie das eRecruiter Tool. Kurz nach Einführung von eRecruiter in Ihrem Unternehmen kam der Lockdown. Welche Auswirkungen hatte das auf Ihre persönlichen Arbeitsprozesse und das Recruiting?

Ich war sehr froh, dass wir eRecruiter davor eingeführt haben. Das Recruiting musste ja trotzdem weiterlaufen.

Am Anfang haben wir mal geschaut was passiert. Können wir für den Sommer überhaupt aufsperren? Aber wir wussten ja, dass Glemm by AvenidA kommt, und auch die Planungen für das Haus Nikolaus haben schon begonnen. Die Zeit des Lockdowns haben wir genutzt, um aktiv für die Eröffnung im Winter Personal zu suchen. Dabei haben wir alle Gespräche online über Google Hangouts, Zoom etc. gemacht. Die Bewerber haben sich sehr gut drauf eingestellt. Wir haben sie vorher informiert wie die Gespräche ablaufen, die Links im Vorfeld zugeschickt. Mittlerweile ist es Normalität und wir machen jetzt immer noch einen Großteil der Gespräche online, es ist einfach viel flexibler. Klar fehlt der persönliche Touchpoint, aber man kann relativ viel bereits via Online-Kommunikationsplattformen machen und da die Bewerber in Europa verstreut sind, geht es oft nicht anders.

Der Ressortleiter für das neue Haus war auch immer beim Gespräch mit dabei und somit haben wir den Lockdown für das Recruiting gut genutzt. Dann haben wir uns auch noch überlegt, ob wir für Sommer noch Mitarbeiter benötigen. Und hier ist es eher einfacher geworden, weil viele Bewerber direkt auf uns zu gekommen sind.

„Kennzahlen helfen der bei Planung und Erstellung der Mitarbeiter- und Recruitingbudgets“

Können Sie heute bereits abschätzen, welche positiven Auswirkungen der Digitalisierungsprozess und die Einführung von eRecruiter in Ihrem Unternehmen hat?

Ich beobachte, dass ich vielweniger Zeit für die Stellenausschreibungen benötige. Waren es früher ca. dreißig Minuten pro Stelle, bin ich jetzt bei weniger als zehn Minuten. Wir rüsten jetzt auch noch den neuen Channel Manager von eRecruiter auf und testen- dann wird es noch einfacher. Besonders fein finde ich auch, dass wir technische Updates erhalten und die neuen Features nachrüsten können. Damit bleiben wir technisch am laufenden.

Ich freue ich mich auch schon auf Kennzahlen! Damit habe ich mich zwar noch nicht intensiv beschäftigt, aber die Statistiken und KPIs sind im eRecruiter sehr umfangreich. Das hilft bei der Planung und Erstellung der Mitarbeiter- und Recruitingbudgets, wenn ich am Jahresende sehen kann, was Plattformen wie hookify oder hotelcareer bringen. Auf Dauer schreibt ja niemand mit, über welche Quellen Bewerber kommen. Es ist einfach alles transparenter und datenschutzkonform. Und ich hab auch einen Bewerberpool, den ich aufbauen kann.

Sie entdecken sozusagen in der täglichen Arbeit mit dem eRecruiter die Vorteile von Data Driven Recruiting. Das ist ja gerade auch vor den besonderen Herausforderungen des Jahres 2020 und der kommenden Wintersaison 2020/21 ein wichtiger Erfolgsbaustein. Wo sehen Sie im Human Ressource Management Herausforderungen? Was sind die großen Themen und welche Ziele streben Sie in Ihrem Verantwortungsbereich an?

Ein großes Thema ist sicher, inwiefern wir unser Personal halten können. Wir haben das Angebot der Kurzarbeit genutzt und sind soweit für den Sommer gut gerüstet. Natürlich muss man abwarten, wie es weitergeht. Es ist schwer in die Zukunft zu blicken, die Auslastung einzuschätzen, genau zu sagen, wieviel Mitarbeiter wir wirklich für den Sommer brauchen. Die Budgetplanung ist eine Herausforderung, die Personalkosten sind im Auge zu behalten. Und dann gilt es auch frühzeitig gutes Personal zu finden.

Ein Thema ist auch, dass Bewerber nach einer Zusage nicht wieder abspringen. Die große Frage: Was ist, wenn nochmal ein Lockdown kommt? Okay, wir sind die Optimisten und gehen davon, dass das nicht passiert, aber man muss sich natürlich mit der Frage beschäftigen. Für die operativen Abläufe haben wir aktuell alle Standards und Vorgaben der Regierung umgesetzt. Die Regelungen fließen alle in das HR und in das Recruiting ein und da rechne ich, dass das Thema uns noch länger beschäftigen wird. Unsere Strategie ist, mit unseren Mitarbeitern offen und transparent dazu zu kommunizieren. Meine Ziele für diese herausfordernde Zeit sind Mitarbeiter im Unternehmen zu halten und eine schlüssige Mitarbeiterstrategie zu haben. Den Weg, den wir 2019 eingeschlagen haben, wollen wir in jedem Fall beibehalten und in unsere Mitarbeiterinvestieren.

Bei all diesen Zielen und Entwicklungen: Bleibt die HR eine One-Woman-Show?

Mein Ziel ist es, in jedem Fall ein Back-Up für die Recruiting Prozesse und die An-/Abmeldungen zu schaffen. Und auch in anderen administrativen Bereichen denken wir über wachstumskonforme Entwicklungen nach.

„Alles was digital ist, vereinfacht die Prozesse.“

Vor dem Hintergrund Corona, Digitalisierung, unsichere Zeiten und Mitarbeitersuche: Welche abschließende Empfehlung würden Sie Branchenkolleginnen und -Kollegen geben?

Ich empfehle jedem, die Hilfsangebote der Regierung ebenso wie die Kurzarbeit wirklich zu nutzen. Man verliert sonst treue Mitarbeiter und das Vertrauen ist weg.

Für uns war das auch eine Herausforderung – wir haben uns viele Stunden in die Regelungen eingelesen. Aber es geht und es gibt immer Möglichkeiten. Keiner von uns hatte dazu Erfahrung, aber ich bin der Meinung, als Betrieb habe ich die Verantwortung über meine Mitarbeiter und muss sie wahrnehmen, denn auch meine Mitarbeiter übernehmen viel Verantwortung für den Betrieb.

Die Krise für Zukunftsprojekte zu nutzen, würde ich grundsätzlich empfehlen. Nachzudenken welche next steps im Recruiting zu einem passen. Gut wir haben bisher jährlich neue Häuser eröffnet, aber auch wenn das nicht der Fall ist kann ich nachdenken, wo ich mich umorientieren kann. Wir sind zum Beispiel draufgekommen, dass uns eine wichtige Position in der Unternehmensgruppe fehlt und nutzen jetzt die Zeit, diese in unsere Organisationsstruktur einzubauen und auch unsere Sales-Abteilung haben wir umstrukturiert.

Alpin Family Team Spirit

Einige Mitarbeiter haben sich entschieden, während des Lockdowns vor Ort zu bleiben und nicht in ihre Heimatländer bzw. Heimatorte zu fahren. Mitarbeiter waren froh über das Angebot der Kurzarbeit und haben ihrerseits die Zeit genutzt gemeinsame Aktivitäten zu unternehen. Beim Kartenspielen, gemeinsamem Kochen und Essen, Eier färben für Ostern haben sich viele Gelegenheiten ergeben sich anders kennenzulernen.

Ihr habt tatsächlich die Zeit gut genutzt und bisherige Dinge hinterfragt und an der Organisation gearbeitet. Und welche Tipps hast du für unsere Leser noch zum Thema Digitalisierung?

Weg von den alten Mustern!

Handgeschrieben ist out. Alles was digital ist, vereinfacht die Prozesse. Sollte jemand kurzfristig den Bereich übernehmen müssen, kann er die Abläufe viel besser nachvollziehen als bei handgeschriebenen Zetteln.

Und auch wo was zu finden ist, ist einfacher. Man muss nicht in irgendwelchen Mappen danach suchen, sondern kann sich zum eRecruiter setzen und hat in einer Stunde einen Überblick. Neue Kollegen können rasch nachvollziehen, was im Recruiting gemacht wurde und sind schnell mit den Aufgaben vertraut. Und was ich noch jedem empfehlen kann ist eine digitale Zeiterfassung.

In der Kurzarbeit mit Handzetteln zu arbeiten, da ist eine HR bei der Abrechnung verloren, auch da haben unsere digitalen Systeme viel geholfen. Ja, wir haben die Phase des Lockdowns intensiv genutzt, um an unserem Unternehmen zu arbeiten und es ist sehr vielweitergegangen!

Danke für das Gespräch.

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